Montag, 15. August 2011

ARRIVAL

Ich bin angekommen - nach einem recht ereignislosen Flug.
In London-Heathrow hatte sich das Boarding aus mir nicht bekannten Gründen um etwa zwanzig Minuten verzögert und von da an begannen die Verzögerungen sich zu vermehren wie die Windpocken (bei besonders günstigem Wind). Man sollte doch eigentlich meinen, dass, sobald alle erst einmal drin sitzen in dem Flugapparat, dieser durch nicht mehr viel aufzuhalten sein dürfte, weil außer Luft nun keine weiteren Hindernisse mehr zwischen Start und Landung liegen und selbst die Luft kann man kaum als Hindernis betrachten, denn ohne sie flöge der Flugapparat überhaupt nicht erst. Das erste Problem lautete: Erst mal hinkommen in die Luft, i.e. zur Startbahn. Auch auf Flughäfen gilt der blöde Grundsatz des "Wer-nicht-kommt-zur-rechten-Zeit...", der nach Ergreifung der Weltherrschaft durch mich* als erstes geändert wird in "Wo-ich-bin-ist-vorne/oben-andernfalls-gibts-Backpfeifen-und-Brennnessel". 
Auch später in der Luft muss man sich nach gewissen Gegebenheiten richten, die nicht unbedingt von der eigenen Pünktlichkeit abhängig sind, sich aber möglicherweise auf selbige auswirken, und deshalb (wen kümmern schon die Details) hatte der Flug AC855 am Ende seiner heutigen Reise zwei satte Überstunden gesammelt, was mir aber nicht die gute Laune verderben konnte, weil ich dank dieses Umstandes nicht schon wieder stundenweise Zeit bis zum check-in im Hotel würde totschlagen müssen.
Das Stadtviertel, in dem das Hotel steht, kann man nach Kölner Maßstäben augenscheinlich als kalkesk bezeichnen - oder für die Nichtkölner: untere Mittelschicht bis ganz tief unter dem Komposthaufen. Ich mag das, denn ich mag Köln-Kalk. Nun ist selbst in Kalk nicht jedes zweite Ladenfenster vergittert, was hier hingegen notwendig zu sein scheint. Wer sich ein bisschen mit Google Streetview auskennt, kann sich ja selbst ein Bild von der Adresse 403 East Hastings Street und Umgebung machen. Wie schon erwähnt liegt Cinatown in unmittelbarer Nachbarschaft und Chinatown grenzt seinerseits direkt an den Financial District und weiterhin ein ausgemachtes Touristenviertel namens Gastown, für das ich mir die sich nachgerade aufdrängenden Flatulenzwitze erspare. Einfache Witze: einfach aber nicht witzig.


Das Hotel selbst ist klein aber... klein. Es ist ein kleines Hotel, das... nunja, so klein ist es im Grunde auch wieder nicht... Ich fange anders an: Es ist ein nicht so feines Hotel, das aber dafür auch gar nicht so klein ist - also ganz genau wie ich, und deshalb passe ich hoffentlich gut hierher. Freundlicherweise hat man mich wegen meiner langen Verweildauer ohne Aufpreis upgegradet, vom 'Basic'- zum 'Standard Queen'-Zimmer, weshalb ich mich jetzt fühlen darf wie die (Standard-)Königin von Winzraumien, denn ich regiere über ein paar Quadratmeter mehr als die gemeine Basiswurst. Über der Kategorie Standard Queen rangieren nur noch 'Queen Deluxe' und zu oberst 'King'. Ich persönlich empfinde die Staffelung der letzten beiden als ein wenig sexistisch. Zum Königinnen-Paket gehört auch das sog. kontinentale Frühstück, das so früh am Morgen serviert wird, dass meine regelmäßige Teilnahme daran eher fraglich ist. Dieses Problem stellt sich mir aber für heute nicht mehr, denn im Augenblick muss ich nur noch zusehen, dass ich nicht zu früh ins Bett falle, um in einen halbwegs normalen Tagesrhythmus zu kommen. Es scheint als hätte das örtliche Jetlag-Referendariat sogar daran gedacht, denn im Oppenheimer Park, der gleich um die Ecke liegt, wird heute Lifemusik gespielt und an Schlaf ist nur mit Ohrenstöpseln zu denken. Die habe ich zwar dabei, aber ich will ja noch gar nicht schlafen und deshalb gehe ich (vollkommen klar) nicht in den Oppenheimer Park, weil ich nicht wirklich auf Coverversionen der 80er-Mainstream-Pop-Rocker á la Bon Jovi stehe. Stattdessen besuche ich die hauseigene Kneipe - Pat's Pub & Brewery - um ein paar Biere zu erwerben, die ich mir für heute (so finde ich) einfach verdient habe, bin ich doch mittlerweile so um die 16 Stunden unterwegs. 
Der Barkeeper präsentiert mir Budweiser tatsächlich als heimisches Bier, ergänzt aber, nachdem er meine hochgezogene Augenbraue sieht, unverzüglich: "amerikanisches!" Ich hebe beinahe an, ihm zu erklären wo das Städtchen Budweis liegt, stoppe mich aber selbst noch kurz vor dem Städtchen Klugscheiß und erkläre stattdessen freundlich, dass ich mit heimisch natürlich ein kanadisches Gebräu meinte. Nun stellt sich heraus, dass auf Pat's nicht nur Brauerei draufsteht, sondern dass es sogar ein eigens für den Laden gebrautes Erzeugnis gibt, das, so versichert mir der nette Barmensch, völlig ohne künstliche Zusatzstoffe hergestellt wird und er bietet mir sogleich einen kostenlosen Probeschluck vom Fass an. Ohne es zu wissen, hat der Mann gerade eine mögliche Freundschfaft begründet. Das Gesöff lässt sich trinken und ich erstehe schon wegen des Mengenrabatts gleich ein ganzes Sixpack, das mir der Kerl sodann auch noch unaufgefordert in einer Plastiktüte voller Eiswürfel überreicht. Die Freundschaft wächst...


Von diesem Lichtblick vier Etagen unter meinem Zimmer einmal abgesehen mache ich heute nicht mehr allzu viele Entdeckungen. Ich könnte zwar noch ein Weilchen die Gegend erkunden, bin aber einfach zu schlapp dafür. Morgen werden wir weitersehen...


*meine Ambitionen hierzu tendieren allerdings gegen Null

3 Kommentare:

  1. "Standart-Queen" ist seit heute mein Lieblingswort. Man darf auf weitere gespannt sein. =)

    AntwortenLöschen
  2. @Iven: Wieso bloß bin ich über die Wahl Deines neuen Lieblingswortes überhaupt nicht verwundert?

    AntwortenLöschen